„Faire Milch“ im Check
Niedrige Milchpreise setzen Erzeugerbetriebe unter Druck: Etliche können kaum noch ihre Kosten decken. Viele Verbraucher:innen wären bereit, mehr zu zahlen, doch es ist schwer zu durchblicken, wie viel beim Erzeugerbetrieb ankommt. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (VZ NRW) hat sechs verschiedene Angebote „fairer Milch“ unter die Lupe genommen und geprüft, was hinter den Versprechen steckt.
Milcherzeugung ist derzeit ein Minusgeschäft
Um beurteilen zu können, was ein fairer Preis für die Erzeugerbetriebe wäre, bezog die Verbraucherzentrale den Milch-Marker-Index ein. Dieser stellt die durchschnittlichen Milcherzeugungskosten in der konventionellen und ökologischen Milcherzeugung dar. Im Oktober 2021 lagen die Milcherzeugungskosten für Bio-Milch bei 64,39 Cent pro Kilogramm Milch, für konventionelle Milch bei 46,13 Cent. Durchschnittlich zahlten die Molkereien den Erzeuger:innen aber nur 48,66 Cent pro Kilogramm Bio-Milch und 37,45 Cent pro Kilogramm konventionelle Milch. Die Auszahlung deckt damit bei konventioneller Milch nur etwa 81 Prozent der Kosten, bei Bio-Milch sogar nur 76 Prozent. Für eine faire Milch sollte der Auszahlungspreis möglichst nah an oder besser noch über den Milcherzeugungskosten liegen.
„Sternenfair“ und „Faire Milch“
Bei Milch und Milchprodukten mit dem Label „sternenfair“ erhalten die Milcherzeuger:innen 40,15 bis 44,15 Cent pro Kilogramm konventionell erzeugter Milch. Beim Label „Faire Milch“ ist der Preis mit 45 Cent pro Kilogramm festgelegt. Damit liegen die Preise aber immer noch unter den durchschnittlichen Erzeugungskosten. Bei der „Fairen Milch“ ist die Auszahlung laut Stiftung Warentest zudem nur lückenhaft rückverfolgbar. Hofbetreiber:innen werden nicht nach verkaufter Menge bezahlt, sondern erhalten eine Gewinnausschüttung auf ihre Genossenschaftsanteile.
Beide Label wurden von Erzeugerverbänden initiiert.
Berchtesgadener Land und Schwarzwaldmilch
Die Molkereien Berchtesgadener Land und Schwarzwaldmilch zahlen ihren Erzeugerbetrieben ebenfalls höhere Preise als üblich für ihre Milch: Bei Berchtesgadener Land liegen die Preise zwischen 42 Cent pro Kilogramm konventionelle Milch und bis zu 55,5 Cent pro Kilogramm Demeter-Bio-Milch. Bei Schwarzwaldmilch erhielten die Erzeuger:innen 2021 durchschnittlich 40,32 Cent pro Kilogramm konventionelle Milch und 56,03 Cent pro Kilogramm Bio-Milch.
Auch bei diesen Modellen liegen die Preise noch unter den Erzeugungskosten.
„Du bist hier der Chef“ und „Ein Herz für Erzeuger“
Bei der Initiative „Du bist hier der Chef“ wird ausschließlich Bio-Milch vermarktet. Die teilnehmenden Betriebe erhalten 58 Cent pro Kilogramm Bio-Milch. Wenn notwendig stimmen die derzeit mehr als tausend Vereinsmitglieder über eine Erhöhung der Auszahlungspreise ab.
Einen anderen Ansatz verfolgt Netto mit seiner Marke „Ein Herz für Erzeuger“. Seit 2008 werden unter anderem konventionelle Milch sowie zwei Käsesorten mit einem Preisaufschlag von 10 Cent pro Packung angeboten. Wie viel davon bei den Erzeugerbetrieben ankommt, richtet sich jedoch nach dem Umsatzanteil der Milch „Ein Herz für Erzeuger“ am gesamten Milchumsatz von Netto. Beträgt er zehn Prozent, erhalten die Milchbetriebe von der Molkerei etwa einen Cent zusätzlich. Nur wenn die gesamte Milch bei Netto als „Ein Herz für Erzeuger“-Milch verkauft werden würde, erhielte jeder Milchbetrieb zusätzlich 10 Cent pro Liter.
Das Fazit der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen:
In der Regel wird bei den Angeboten zu „fairer Milch“ tatsächlich ein etwas höherer Milchpreis gezahlt als bei anderen Milchmarken. Die meisten Marken decken in Zeiten niedriger Marktpreise aber nicht die Kosten vieler Milchbetriebe. Ein wirklich fairer Preis werde erst ab einem Aufschlag erreicht, der zumindest die Kosten der Milcherzeugung decke, so die VZ. Zwar helfe jeder Cent mehr Erlös den Erzeuger:innen. Dennoch müssten Verbraucher:innen auch die als „fair“ ausgelobten Milchangebote sorgfältig prüfen.
Quelle: Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: „Wie fair ist ,faire Milch‘?“
Hinweis: Unsere Kurzmeldungen geben grundsätzlich den Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Sie werden in der Regel nicht aktualisiert.
Der leichtsprachliche Text wurde übersetzt von:
Isabella von Luxburg,
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