Gerichtsurteil: Hipp muss täuschende Werbung für Kindermilch ändern
„7 x mehr Vitamin D, starke Knochen bis zum Zeh…“. Mit solchen Sprüchen warb die Firma Hipp für ihre Kindermilch. Angeblich sollten Kinder siebenmal mehr Vitamin D und dreimal mehr Kalzium brauchen im Vergleich zum Erwachsenen. Das stimmt nicht und kann Eltern leicht den Eindruck vermitteln, dass sie Hipp Kindermilch brauchen, um ihr Kind gut ernähren zu können. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) klagte gegen die Firma. Das Oberlandesgericht München beurteilte die Werbung als irreführend, weil Kinder nicht mehr Vitamin D benötigen als Erwachsene.
„7 x mehr“ Werbung – Hipp trickst mit Referenzwerten
Der EU-weite Referenzwert für die durchschnittliche tägliche Zufuhr von Vitamin D ist für Kleinkinder genauso hoch wie für Erwachsene und Senioren, nämlich 15 Mikrogramm pro Tag. Hipp macht eine andere Rechnung auf: Die Firma bezieht die Referenzwerte nicht auf eine Person, sondern auf ein Kilogramm Körpergewicht. Das bedeutet: Wiegt ein Kind beispielsweise 12 Kilogramm und der Erwachsene 84 Kilogramm, so braucht das Kind pro Tag dieselbe Menge an Vitamin D, aber pro Kilogramm Körpergewicht etwa siebenmal so viel. In der wissenschaftlichen Literatur ist der Bezug auf ein Kilogramm Körpergewicht üblich. Veröffentlichte Referenzwerte beziehen sich aber auf die tägliche Zufuhr von Personen nach Altersgruppen. Verbraucher:innen kennen diese Referenzwerte für Erwachsene aus der Nährwertkennzeichnung.
Eine Verbraucherin meldete die Hipp-Werbung bei Lebensmittelklarheit. Der vzbv mahnte die Firma daraufhin zunächst ab und reichte schließlich Klage ein.
OLG-Urteil: Werbung für Kindermilch ist irreführend
Das OLG München schloss sich der Auffassung des vzbv an und sah einen Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung, wonach nährwertbezogene Angaben nicht falsch, mehrdeutig oder irreführend sein dürfen. Dabei komme es auf den Gesamteindruck an, den die Werbung hervorrufe. Das Gericht ging davon aus, dass zumindest ein erheblicher Teil der Verbraucher:innen die Aussagen falsch versteht. Und zwar, dass ein Kind im Vergleich zu einem Erwachsenen die 7-fache Menge an Vitamin D benötigten und die beworbenen Produkte geeignet seien, diesen vermeintlichen Mehrbedarf zu decken.
Hipp hatte darauf hingewiesen, dass es sich um einen Vergleich pro Kilogramm Köpergewicht handelt. Die Hinweise waren jedoch nach Ansicht des Gerichts nicht ausreichend, um die Irreführung zu beseitigen. Es sei nicht gewährleistet, dass sie überhaupt wahrgenommen werden.
Das Urteil des OLG München ist rechtskräftig. Hipp hat die vom vzbv beanstandeten Passagen auf der Website angepasst.
Erfolg aus Sicht von Lebensmittelklarheit
Nach Auffassung von Lebensmittelklarheit ist das Urteil extrem wichtig für Eltern mit kleinen Kindern. Die Werbung vermittelte den Eindruck, dass Kinder immense Mengen an Nährstoffen benötigen und Hipp Kindermilch dafür die Lösung ist. Diese Vorgehensweise ist in den Augen von Lebensmittelklarheit unseriös und geht auf Kosten der Eltern, die ihre Kinder gut ernähren wollen.
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Der leichtsprachliche Text wurde übersetzt von:
Isabella von Luxburg,
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