Hipp muss Werbung für „Kindermilch Combiotik“ anpassen
Zusammenfassung
Die Werbung für die „Hipp Kindermilch Combiotik“ vermittelte, dass Kinder siebenmal mehr Vitamin D benötigen als Erwachsene. Ein solch erhöhter Mehrbedarf gegenüber Erwachsenen ist jedoch nicht richtig.
Das Oberlandesgericht München beurteilte die Werbung als irreführend, weil Kinder nicht mehr Vitamin D benötigen als Erwachsene. Dass sich der Vergleich nur auf den Bedarf pro Kilogramm Körpergewicht bezog, war kaum erkennbar. Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband.
Hipp hat die irreführenden Werbeaussagen auf der Homepage entfernt. Packungen mit geänderter Aufmachung sind seit Anfang 2024 im Handel.
Beschwerde
Hallo, Hipp wirbt für die Kindermilch Combiotik als Text und im Film damit, dass Kinder 7x mehr Vitamin D benötigen als ein Erwachsener. Das ist nicht richtig!
Verbraucherin aus Bad Driburg vom 08.01.2019
Einschätzung der Verbraucherzentrale zur ursprünglichen Werbung
Die prominente Werbung mit erhöhten Nährstoffbedarf vermittelt, dass ein Kind in der Gesamtmenge „7 x mehr Vitamin D“ braucht als ein Erwachsener. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Darum geht’s:
Mit folgenden Aussagen wirbt Hipp für „Kindermilch Combiotik“:
Auf der Verpackung:
- „Zusätzlich ist der Bedarf bei Kleinkindern an diesen [Vitamin D und Calcium] beiden Wachstumsbausteinen sogar deutlich höher als bei einem Erwachsenen“
- „[…] wird berücksichtigt, dass ein Kleinkind durchschnittlich 3 x mehr Calcium und 7 x mehr Vitamin D als ein Erwachsener benötigt.“
Auf der Website:
- „7 x mehr Vitamin D, starke Knochen bis zum Zeh“
- „7 x mehr brauchst du mehr als ich, …“
Jeweils an anderer Stelle der Verpackung und der Website informiert Hipp, dass damit der relative Mehrbedarf von Kindern gegenüber Erwachsenen pro Kilogramm Körpergewicht (pro kg KG) gemeint ist.
Mit der prominenten Darstellung des siebenfach erhöhten Bedarfs vermittelt Hipp jedoch, dass Kleinkinder einen mehrfach höheren Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen haben als Erwachsene.
Das ist geregelt:
Nach der Health-Claims-Verordnung (HCVO) dürfen nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel nicht falsch, mehrdeutig oder irreführend sein.
So sieht’s die Verbraucherzentrale:
Die Werbung für Hipp Kindermilch führt Eltern in die Irre. Tatsächlich benötigen Kinder nicht mehr Vitamin D als Erwachsene. Dies ist jedoch weder auf der Website noch auf der Verpackung direkt ersichtlich. Im Gegenteil: Die prominenten Hinweise auf den deutlich erhöhten Bedarf an Vitamin D und Calcium vermitteln, dass Kinder für eine ausreichende Nährstoffzufuhr Spezial-Lebensmittel wie die „Hipp Kindermilch Combiotik“ benötigen. Das trifft jedoch nicht zu.
Fazit:
Der Hersteller sollte die Werbeaussagen auf der Verpackung und der Website entfernen.
Stellungnahme der der Hipp GmbH & Co. Vertrieb KG, Pfaffenhoffen
Kurzfassung:
Das OLG-Urteil bezog sich auf eine zu knappe Verbraucherinformation bei Verpackung und Werbung der Hipp Kindermilch 1+ und 2+. Das Gericht beanstandete: Bei der Auslobung „ein Kleinkind benötigt 7x mehr Vitamin D als ein Erwachsener“ fehlt „pro Kilogramm Körpergewicht“.
Deutlich vor dem Urteil wurden die Verpackungen der Hipp Kindermilch 1+ und 2+ geändert. Diese sind seit Anfang 2024 im Handel.
Rechtliche Durchsetzung
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat die Firma Hipp im Jahr 2019 wegen irreführender nährwertbezogener Werbung für das Produkt abgemahnt. Der Anbieter gab die Unterlassungserklärung nicht ab, so dass der vzbv am 15.11.2019 Klage beim Landgericht erhob. Gegen das Urteil des Landgerichts München vom 5.06.2020 legte der Anbieter Berufung ein. Das Oberlandesgericht (OLG) folgte der Auffassung des vzbv zunächst nicht und hob das erstinstanzliche (positive) Urteil auf. Nach Einlegung der Revision hob der Bundesgerichtshof das Urteil des OLG München vom 27.05.2021 auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück. Am 11.04.2024 entschied das OLG München, dass die kritisierten nährwertbezogenen Angaben irreführend sind.
Ergebnis
Hipp hat die kritisierten Werbeaussagen auf der Homepage entfernt. Packungen mit geänderter Aufmachung sind seit Anfang 2024 im Handel.