Das ärgert beim Einkauf:

Keine „Spitzenqualität“ bei Hofmaier Prosciutto Cotto

Formfleisch entspricht nicht den italienischen Vorgaben für einen „Prosciutto Cotto“, erst recht nicht einer hohen Qualität.
getaeuscht

Die Firma Hofmaier bewirbt ihren „Prosciutto Cotto“ als Spitzenqualität „nach orginial italienischem Rezept“. Ein aus Fleischstücken zusammengefügter Kochschinken erfüllt aber nicht die italienischen Vorgaben für einen „Prosciutto Cotto“, erst recht nicht die für Spitzenqualität. Der Hersteller sollte sein Produkt als „Kochschinken“ nicht als „Prosciutto Cotto“ bewerben und die Hinweise auf Italien entfernen.

Dass der Prosciutto Cotto den Eindruck erweckt, er sei original! Das ist er bei weitem nicht. Er wurde aus Fleischstücken zusammengefügt!
Verbraucher aus Kehl am Rhein vom 10.12.2023

Ein Prosciutto Cotto ist schlichtweg ein gekochter Schinken und nicht, wie auf der Packung zu lesen „aus Fleischstücken zusammengesetzt“. Das ist meines Erachtens Warenunterschiebung. Es wird auch kein „Original italienisches Rezept“ geben, in dem beschrieben ist, wie man „aus Fleischstücken“ einen Kochschinken herstellen kann. […]
Verbraucher aus Neuhofen vom 19.07.2022

 

Einschätzung der Verbraucherzentrale

Bewirbt der Hersteller einen „Prosciutto Cotto“ mit Hinweis auf ein original italienisches Rezept und mit der italienischen Flagge, sollten Verbraucher:innen einen Schinken nach italienischen Standards erwarten können. Das ist hier nicht der Fall, denn der Schinken wurde aus Fleischstücken zusammengefügt. Der Hersteller sollte auf den italienischen Namen und die Italienwerbung verzichten. 

Darum geht’s:

Die Firma Hofmaier bietet einen „Prosciutto Cotto“ mit der Angabe „Spitzenqualität“ an. Sie wirbt zusätzlich mit der goldenen DLG-Prämierung. In einer italienischen Flagge steht der Hinweis „nach original italienischem Rezept“. Darunter befindet sich die Bezeichnung „Kochhinterschinken aus Fleischstücken zusammengefügt“ und weiterhin die Angabe „Hergestellt in Deutschland mit Schweinefleisch aus der EU“. In der Zutatenliste auf der Rückseite der Verpackung ist Schweinefleisch als Hauptzutat aufgeführt.

Das ist geregelt:

In Deutschland gibt es keine spezielle Rechtsvorschrift für Kochschinken, aber Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs für Fleisch- und Fleischerzeugnisse. Sie sind nicht rechtsverbindlich, bieten Herstellern aber eine Orientierung für die Herstellung und Kennzeichnung von Fleischerzeugnissen. Sie beschreiben unter anderem die Herstellung aus Formfleisch und die Anforderungen bei hervorhebenden Hinweisen wie „Spitzenqualität“. Erzeugnisse in hoher Qualität zeichnen sich durch eine besondere Auswahl der Rohware aus, insbesondere durch einen hohen Anteil an Muskelfleisch. Eine Herstellung aus Fleischstücken – also Formfleisch – widerspricht einer „Spitzenqualität“ nicht. 
Nach der EU-Lebensmittelinformationsverordnung ist die Kennzeichnung „aus Fleischstücken zusammengefügt“ erforderlich, wenn das Fleischerzeugnis nach einem gewachsenen Fleisch aussieht, aber aus Fleischstücken hergestellt wurde.

In Italien gibt es Vorschriften für „Prosciutto Cotto“: Unter anderen ist als Rohware die Keule des Schweins festgelegt, die möglicherweise zerlegt, entbeint, entfettet und von Sehnen und Schwarte befreit wird. Die Herstellung aus Fleischstücken ist nicht beschrieben. Es gibt zwei gehobene Qualitätsstufen. Die Schinken dürfen bei gehobener Qualität als „Prosciutto cotto scelto“ und bei hoher Qualität als „Prosciutto Cotto di alta qualita“ bezeichnet werden. Hier gelten als besonderes Qualitätszeichen, dass die einzelnen Muskeln der Keule im Schinken erkennbar sein müssen.

Der Arbeitskreis der lebensmittelchemischen Sachverständigen für tierische Lebensmittel (ALTS) hat 2007 einen Beschluss zu Hinweisen auf andere EU-Länder in der Produktbezeichnung gefasst. Danach sind Bezeichnungen wie „belgischer Kochschinken“ oder „dänischer Vorderschinken“ nur möglich, wenn die Erzeugnisse den Produktanforderungen in den genannten Ländern genügen.

So sieht’s die Verbraucherzentrale:

Der italienische Name und die Abbildung einer italischen Flagge lassen einen „Prosciutto Cotto“ nach italienischen Qualitätsvorgaben erwarten. Auch der Hinweis „Spitzenqualität“ wird in diesem Zusammenhang vermutlich als italienischer Standard verstanden. In Italien ist eine Herstellung des Kochschinkens aus Fleischstücken aber nicht vorgesehen. Bei der gehobenen und hohen Qualität gelten sogar besondere Vorschriften zur Erkennbarkeit der einzelnen Muskeln im Schinken. Wenn das Produkt den Leitsätzen für deutschen Kochschinken in Spitzenqualität entspricht, aber nicht den italienischen Vorschriften für „Prosciutto cotto“, sollte der Hersteller keinen Bezug zu Italien herstellen. 

Fazit:

Der Hersteller sollte sein Produkt als „Kochschinken“ nicht als „Prosciutto Cotto“ bewerben und die Hinweise auf Italien entfernen.

Stellungnahme der Netto Marken-Discount Stiftung & Co. KG, Maxhütte Haidhof

Auf das Schreiben von Lebensmittelklarheit vom 16.08.2022 hat der Anbieter bisher nicht reagiert.