Erlaubt: Werbung „Ohne Zuckerzusatz“ – aber trotzdem gesüßt
Bei einem Lebensmittel mit dem Hinweis „ohne Zuckerzusatz“ können Verbraucher:innen davon ausgehen, dass es sich um ein ungesüßtes Lebensmittel handelt. Süßstoffe und/oder Zuckeraustauschstoffe sind dennoch möglich, da diese nicht zu den Einfach- oder Zweifachzuckern zählen. Der Hinweis „gesüßt mit …“ kann derartige Missverständnisse verhindern.
Zu dieser Problematik haben sich Verbraucher:innen bei Lebensmittelklarheit beschwert. Aus Sicht von Lebensmittelklarheit sollte die Angabe „ohne Zuckerzusatz“ in unmittelbarer Nähe mit dem Hinweis „gesüßt mit … (rechtliche Bezeichnung des Süßungsmittels)“ ergänzt werden.
Ein typisches Beispiel
Auf einem Obstriegel steht die Angabe „ohne Zuckerzusatz“. Laut Zutatenliste enthält der Riegel zwar keine Zucker, aber unter anderem das Süßungsmittel Maltit.
Maltit zählt lebensmittelrechtlich zu den Zuckeraustauschstoffen.
Die Werbung „ohne Zuckerzusatz“ kann Verbraucher:innen irritieren: Während Begriffe wie „zuckerarm“ oder „zuckerfrei“ eindeutig in Bezug auf die Nährwertangabe zu Zucker gesetzlich geregelt sind, bedeutet „ohne Zuckerzusatz“, dass kein zusätzlicher Zucker wie Haushaltszucker, Milch- und Fruchtzucker oder eine süßende Zutat wie Fruchtsirup oder Honig zugesetzt wurde und somit in der Zutatenliste stehen darf.
So lauten die Beschwerden zu dieser Problematik:
Beschwerden zu Getreideriegeln:
Das Produkt wird beworben mit "ohne Zuckerzusatz ". Es entält aber laut Inhaltsverzeichnis Maltit (E 965, auch Maltitol). Das ist ein Zuckeraustauschstoff, der nicht gesundheitsschädlich ist, aber den Blutzucker erhöht und in großen Mengen abführend wirken und zu Bauchschmerzen und Blähungen führen kann.
Verbraucher aus Gießen vom 17.06.2024
Beschwerden zu Ketchup:
Auf dem Etikett des Bio Ketchups steht „ohne Zuckerzusatz“ - aber es ist Erythrit zugesetzt, was ja chemisch gesehen auch ZUCKER ist. Als Kunde lese ich hier eine klare Täuschungsabsicht (Wortspielerei - Süßungsmittel Zucker) heraus. Wenn ich prominent auf dem Etikett „ohne Zuckerzusatz“ lese, gehe ich davon aus, es ist nur natürlich vorhandener Zucker im Produkt enthalten. Zudem widerspricht sich das Etikett meines Erachtens: „Kein zugesetzter Zucker“ und auf der anderen Seite plötzlich plötzlich „mit Süßungsmittel“.
Verbraucher aus Berlin vom 12.05.2024
Ich versuche gerade meinen Zuckerkonsum zu reduzieren und habe gerade einen „Ketchup Zero“ gekauft „ohne Zusatz von Zucker und Salz“. Er hat auch nur 4,4 g Zucker, während normaler Ketchup leicht 20 % haben kann. Geschmacklich ist er allerdings auch sehr (zu) süß, weil ein Süßstoff „Sucralose“ eingesetzt wird. Das habe ich allerdings nicht erwartet und finde das auch nicht zielführend, da man sich so nicht von einem süßen Geschmack entwöhnen kann. Was mich aber am meisten ärgert ist, dass darauf nur hinten im Kleingedruckten hingewiesen wird. Vor der Zutatenliste steht „ohne Zusatz von Zucker und Salz mit Süßungsmittel“. Gehört „mit Süßungsmittel“ nicht nach vorne in unmittelbarer Nähe zur sog. Verkehrsbezeichnung? So fühle ich mich getäuscht, weil ich diesen sehr süßen Geschmack nicht erwartet habe!
Verbraucher aus Brunsbüttel vom 12.08.2023
Beschwerden zu Joghurt mit Fruchtzubereitung:
Obwohl rechtlich wahrscheinlich wasserdicht, bin ich auf "ohne Zuckerzusatz" hereingefallen beim Rahmjoghurt Heidelbeere Cassis. Die minikleine Fußnote 1 war im Laden mit Maske und in Eile nicht zu erkennen und auch zuhause mit gutem Licht muss man 2 x schauen. Enthalten sind dann statt zugesetztem Zucker (der vermutlich gesünder oder bekömmlicher wäre) Erythrit und Steviolglycoside sowie in der Fußnote "Enthält von Natur aus Zucker". Ich fühle mich ausgetrickst; ich möchte klar erkennen, ob ein Produkt ausgetauschte Zuckerstoffe, echten Zucker enthält oder eben komplett ungesüßt ist. Ich freue mich, wenn die Verbraucherzentrale immer wieder dazu auffordert, dass Handel und Industrie klarer kommuniziert und weniger trickst. Telefonisch habe ich mich bei der Firma gemeldet. Bin dort aber höchst unfreundlich "abgeblitzt".
Verbraucherin aus Ginsheim vom 12.01.2021
Auf der Packung steht "Ohne Zucker Zusatz". Das stimmt strenggenommen, da das Joghurt nur drei (!) Süßungsmittel hat. Diese werden nur auf der "Rückseite" (über den Zutaten und dem Nährwert) in der offiziellen Bezeichnung genannt. Die "Front" hat aber nicht das üblichere "Ohne Zucker". Die Aufschrift ist irreführend, da sie suggeriert, dass das Produkt bloß mit Früchten oder Fruchtsaft gesüßt sei. Die Süße ist aber mit jedem handelsüblich gesüßtem Joghurt (mit oder ohne Zucker) vergleichbar. Das Produkt soll also gesünder oder "natürlicher" klingen als es ist.
Verbraucher aus Eckernförde vom 18.06.2020
Beschwerden zu Schokoladen- und Nussriegeln:
Der „Haselnuss-Riegel“ wirbt mit „ohne Zuckerzusatz“. Allerdings wird mit Maltitsirup gesüßt, der auch süßt, nur kein Zucker enthält.
Verbraucherin aus Berlin vom 21.05.2023
Beide als Beispiel genannten Produkte enthalten in der Beschreibung den Satz "Ohne Zuckerzusatz! Enthält von Natur aus im Kakao enthaltenen Zucker." […] In den Zutaten des Riegels White Coconut steht als erste Zutat Süßungsmittel Maltit. Dies ist ein Zuckeraustauschstoff, Süßstoff oder wie sie alle heißen. In den Zutaten des zweiten Schokoriegels stehen Süßungsmittel: Maltit und Steviolglycosid. Auch das sind Zuckeraustauschstoffe, Süßstoffe. Es wird der Eindruck erweckt, es handelt sich um recht natürliche und somit gesunde Produkte ohne Zuckerzusatz. […]
Verbraucherin aus Linkenheim vom 21.09.2018
Auf der Papierverpackung außen steht "ohne Zuckerzusatz*", das Sternchen findet sich an der Seite und gibt die Info, dass das Produkt von Natur aus Zucker enthält. Allerdings sieht die Zutatenliste folgendermaßen aus: "Maltitsirup, 25% Getreide (Weizenflocken, Gerstenflocken), Schoko-Weizen-Reis-Mais-Crispies (Weizenmehl, Reismehl, 6% Kakao, Maismehl, Gerstenmalzmehl, Salz), 8% Maltit- Vollmilchschokolade (Süßungsmittel Maltit, Kakaobutter, Vollmilchpulver, Kakaomasse, Emulgator Sojalecithine), Kokosfett ganz gehärtet, Cornflakes (Mais, Salz, Gerstenmalz, Emulgator Mono- und Diglycceride von Speisefettsäuren), Maltodextrine, Feuchthaltemittel Glycerin, Erdnüsse geröstet, gehackt, Weizen-Mais- Crispies (Weizenmehl, Reismehl, Maismehl, Gerstenmalzmehl, Salz), ungezuckerte Kondensmilch, Vitamine (C, E, B6, B2, B1, Folsäure, B12), Rohrohrzuckerablaufsirup, Aromen, Emulgator Sojalecithine, Kakao".
Zucker an erster Stelle der Zutatenliste und am Ende noch Rohrohrzuckerablaufsirup ist – den Zucker in den Zutaten der Zutaten mal außen vor gelassen – für mich NICHT ohne Zuckerzusatz.
Verbraucherin aus Bochum vom 12.03.2018
Beschwerden zu Früchteriegel:
Vorne auf der Verpackung steht „ohne Zuckerzusatz“ und hinten bei den Zutaten steht Süßungsmittel Maltit. Ich fühle mich getäuscht.
Verbraucherin aus Berlin vom 25.09.2015
Das ist geregelt
Die Europäische Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben, die sogenannte Health Claims-Verordnung (HCVO), schreibt vor, dass Unternehmen nur dann mit dem Nährwert eines Lebensmittels werben dürfen, wenn sie für ihre Produkte exakte Vorgaben einhalten. Nach der Verordnung ist die Angabe „ohne Zuckerzusatz“ nur zulässig, wenn das Produkt keine zugesetzten Mono- oder Disaccharide oder irgendein anderes wegen seiner süßenden Wirkung verwendetes Lebensmittel enthält. Süßende Zusatzstoffe wie Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe dürfen enthalten sein.
Wenn das Lebensmittel von Natur aus Zucker enthält, sollte das Etikett auch den folgenden Hinweis enthalten: „Enthält von Natur aus Zucker“.
Außerdem ist nach der Lebensmittelinformations-Verordnung der Hinweis „mit Süßungsmitteln“ in Verbindung mit der Bezeichnung anzubringen.
Einschätzung der Verbraucherzentrale
Die Angabe „ohne Zuckerzusatz“ kann den falschen Eindruck vermitteln, dass ein Produkt nicht gesüßt wurde. Das wird insbesondere bei Lebensmitteln der Fall sein, von denen auch ungesüßte Varianten im Handel sind, zum Beispiel Fruchtschnitten, Müslimischungen oder Fruchtjoghurt. Hier rechnen Verbraucher:innen nicht damit, in erheblicher Menge Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe vorzufinden, zumal sie diese gegenüber Zucker nicht unbedingt als vorteilhaft ansehen.
Fazit: Die Angabe „ohne Zuckerzusatz“ sollte in unmittelbarer Nähe mit dem Hinweis „gesüßt mit … (rechtliche Bezeichnung des Süßungsmittels)“ ergänzt werden.
Lebensmittelklarheit hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über die Kennzeichnungsproblematik informiert.
Hinweis: Unsere Kurzmeldungen geben grundsätzlich den Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Sie werden in der Regel nicht aktualisiert.
Der leichtsprachliche Text wurde übersetzt von:
Isabella von Luxburg,
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Kommentare
Ich war auf der Suche nach ungesüßten Cranberries und habe jede Menge Angebote mit dem Zusatz "ohne Zuckerzusatz" gefunden. Stattdessen waren zwar keine künstlichen Süßungsmittel, jedoch Ananasdicksaft und Apfeldicksaft o.ä. in rauhen Mengen enthalten. Diese müssten doch eigentlich wie Sirup oder Honig behandelt werden und dementsprechend nicht erlaubt sein?
Ich habe von der Apotheke für mein Kratzen im Hals "ipalat Halspastillen" empfohlen bekommen mit dem Hinweis, dass sie ohne Zucker seien. Auf der Zutatenliste las ich aber, dass aber 3 künstliche Süßungsmittel in den Pastillen enthalten sind. Welch eine Irreführung für uns Verbraucher!!!
Können sie nicht bei dem entsprechendem Bundesministerium dafür sorgen, dass die Hersteller eine genauere Bezeichnung ihres Produkts vornehmen müssen? Als Einzelner kommen man doch nicht dagegen an.
sheesh bruda
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