Herkunftsangaben auf Lebensmitteln
Viele Verbraucher:innen möchten wissen, woher die Lebensmittel kommen, die sie kaufen. Das zeigen unter anderem die Anfragen bei Lebensmittelklarheit. Doch eine Herkunftsangabe ist nur für wenige Lebensmittel verbindlich vorgeschrieben. Auch was dann konkret auf der Packung stehen muss, ist unterschiedlich – teils muss das Herkunftsland genannt werden, teils reicht die Angabe „EU“ oder gar „EU/Nicht-EU“. Hinzu kommen Packungsangaben, die Verbraucher:innen zwar als Hinweis auf die Herkunft verstehen können, die tatsächlich jedoch keinen oder nur bedingt einen Rückschluss auf die Herkunft des Produktes zulassen.
Täuschung verboten – auch bei der Herkunft
Eine Herkunftsangabe ist nach den Vorgaben der EU-Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) immer dann erforderlich, wenn Verbraucher:innen ohne die Angabe über die Lebensmittelherkunft getäuscht werden könnten. Ist beispielsweise auf einem vorverpackten Baguette eine französische Flagge abgebildet, das Produkt wurde aber nicht in Frankreich, sondern in Polen hergestellt, muss auf dem Etikett über den tatsächlichen Herkunftsort informiert werden, etwa durch den Hinweis „Hergestellt in Polen“. Die Verordnung sagt aber nichts darüber aus, wo dieser Hinweis stehen muss.
Wenn das Lebensmittel eine bestimmte Herkunft vermittelt, die sogenannte primäre Zutat aber nicht daher stammt, ist für diese ebenfalls eine Herkunftsangabe verpflichtend. Als primär gilt eine Zutat, wenn sie entweder mengenmäßig überwiegt oder von Verbraucher:innen üblicherweise mit der Bezeichnung des Produktes in Verbindung gebracht wird. In einem Erdbeerjoghurt beispielsweise gelten sowohl die Erdbeeren als auch der Joghurt als primäre Zutaten. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn die Erdbeeren in dem „Allgäuer Erdbeerjoghurt“ aus China stammen. Die Information muss im gleichen Sichtfeld erscheinen wie die Herkunftsangabe zum gesamten Lebensmittel. Es reicht aber beispielsweise die Angabe „Nicht-EU“ oder „stammen nicht aus dem Allgäu“.
Lebensmittel mit verpflichtender Angabe des Ursprungslandes
Bestimmte Lebensmittelgruppen müssen immer mit dem Ursprungsland gekennzeichnet werden, sogar, wenn sie als lose Ware, also unverpackt angeboten werden. Bei einigen dieser Lebensmittel sind ergänzend zur Angabe des Ursprungslands weitere Informationen zur Herkunft vorgeschrieben.
- Frisches Obst und Gemüse: In der Regel ist hier das Ursprungsland verpflichtend. Aufgeschnittenes oder anderweitig verarbeitetes Obst und Gemüse fällt nicht unter die Kennzeichnungspflicht. Außerdem sind einige Obst- und Gemüsearten von der Verpflichtung zur Angabe des Ursprungslandes ausgenommen, darunter Bananen, Oliven sowie Früh- und Speisekartoffeln.
- Eier: Über den Stempelaufdruck auf Eier kann neben dem Ursprungsland auch deren betriebliche Herkunft nachvollzogen werden, sofern die Betriebe am sogenannten KAT-System teilnehmen. Er informiert außerdem über die Haltungsform.
- Frisches Rindfleisch: Hier muss das Land der Geburt, Mästung, Schlachtung und Zerlegung angeben werden. Erfolgen Geburt, Mast und Schlachtung in einem Land, ist die vereinfachte Angabe „Herkunft: …“ erlaubt. Die Zerlegung fällt nicht unter den Begriff der Herkunft und muss gesondert ausgewiesen werden. Für Rinderhack und Kalbfleisch gelten Sonderregeln. Zubereitetes, z.B. mariniertes Rindfleisch fällt nicht unter die Kennzeichnungspflicht.
- Fisch: Hier muss das Fanggebiet beziehungsweise bei Zuchtfisch das Land angeben werden, in dem der Fisch seine letzte Entwicklungsphase durchlaufen hat. Die meisten Fischerzeugnisse, zum Beispiel zubereitete Fischfilets in Konservendosen, sind nicht kennzeichnungspflichtig.
- Auch bei frischem, gekühltem oder gefrorenem Fleisch von Schwein, Schaf, Ziege und Geflügel muss immer das Ursprungsland, aufgeschlüsselt nach dem Land der Aufzucht und der Schlachtung, angegeben werden – allerdings nur bei verpackter Ware. Für lose Ware gilt die Kennzeichnungspflicht nicht. Sie entfällt auch, sobald das Fleisch verarbeitet wurde. Ein mariniertes Schweinesteak beispielsweise muss keine Herkunftsangabe tragen.
Angabe EU/Nicht-EU: Herkunftsangaben mit wenig Informationswert
Noch bei zwei weiteren Lebensmitteln landwirtschaftlichen Ursprungs ist eine Herkunftsinformation verpflichtend vorgeschrieben: Honig sowie Olivenöl der Güteklassen „nativ extra“ und „nativ“. Sie müssen grundsätzlich mit dem Ursprungsland gekennzeichnet werden. Werden Mischungen aus mehreren Ländern vertrieben, steht auf dem Etikett zum Beispiel „Mischung von Honig aus EU-Ländern“ oder „Mischung von Olivenölen aus Nicht-EU-Ländern“.
Entsprechendes gilt auch für alle Bio-Lebensmittel, die innerhalb der EU hergestellt wurden – und zwar für verarbeitete Lebensmittel genauso wie für unverarbeitete Frischware. Sie müssen im selben Sichtfeld des EU-Bio-Logos eine Herkunftsinformation tragen. Unterschieden wird dabei zwischen: „EU-Herkunft“, „Nicht-EU-Herkunft“ und der Herkunft aus der EU und einem Drittland („EU-Herkunft/Nicht-EU-Herkunft“). Die Angabe richtet sich danach, woher mindestens 98 Prozent der landwirtschaftlich erzeugten Zutaten stammen. Kommen sie aus einem einzigen Land, so darf dieses Land genannt werden. Für Bio-Lebensmittel, die aus Drittstaaten eingeführt wurden, ist die Herkunftskennzeichnung freiwillig, diese Produkte müssen auch das EU-Bio-Logo nicht tragen.
Europäischer Bezeichnungsschutz: Ein detaillierter Blick lohnt sich
In den 1990er Jahren wurde auf europäischer Ebene der Schutz der Bezeichnungen „geschützte geografische Angabe“ (g.g.A.) und „geschützte Ursprungsbezeichnung“ (g.U.) gesetzlich verankert. Beiden Angaben werden im Volksmund als Herkunftssiegel bezeichnet. Tatsächlich bietet aber nur das „g.U.“-Siegel eine verlässliche und klare Information zur Produktherkunft. Es wird nur für Lebensmittel vergeben, die in einem bestimmten geografischen Gebiet erzeugt, hergestellt und verarbeitet wurden. Auch die verwendeten Rohstoffe müssen aus dem betreffenden Gebiet stammen. Beispiele sind „Allgäuer Bergkäse“ oder die „Lüneburger Heidschnucke“. Im Falle der „g.g.A“-Kennzeichnung hingegen muss nur eine Stufe der Produktion in dem genannten Gebiet erfolgen. Nicht zwangsläufig stammen die Rohstoffe von dort. Beispiele hierfür sind der „Schwarzwälder Schinken“ oder der „Dresdner Christstollen“.
Vermeintliche Herkunftshinweise: Von der Firmenangabe bis zum EAN-Code
Die Firmenangabe informiert, wer für die Sicherheit und Qualität des Lebensmittels verantwortlich ist. Sie bietet keine Information zur Herkunft. Anstelle der Herstelleradresse kann auch der Verpacker oder ein in der EU niedergelassener Importeur angegeben werden.
Nummern und Codes auf der Verpackung, wie die Los- oder Chargennummer, der GTIN-Code (EAN-Code) oder das Identitätskennzeichen, helfen dem Handel sowie der Lebensmittelüberwachung bei der Rückverfolgbarkeit der Waren. Für Verbraucher:innen haben diese Nummern allenfalls eingeschränkten Informationswert zur Herkunft. Aus dem Identitätskennzeichen können sie lediglich erkennen, in welchem EU-Staat und Bundesland das Erzeugnis zuletzt bearbeitet oder verpackt wurde. So sind Rückschlüsse auf Transportwege möglich, nicht aber zur Herkunft der Rohstoffe.
Ein spezieller Fall sind die sogenannten Gattungsbezeichnungen: Das sind Produktnamen, die auf einen Ort, eine Region oder ein Land verweisen, in dem das Erzeugnis ursprünglich hergestellt wurde, inzwischen aber zu einer allgemeinen Bezeichnung für ein Erzeugnis in der EU geworden sind. Beispiele sind Pils, Camembert oder Emmentaler. Gerade hier wird Verbrauchern mitunter Detailwissen abverlangt: So genießt die Bezeichnung „Allgäuer Emmentaler“ – anders als der Begriff „Emmentaler“ allein – einen Bezeichnungsschutz, so dass dessen gesamte Wertschöpfungskette im Allgäu stattfinden muss.
Freiwillige Herkunftsangaben wie das „Regionalfenster“
Viele Verbraucher bevorzugen Lebensmittel aus der Region. Doch die Vielfalt freiwilliger Regional-Label ist groß. Einheitlich geregelt ist das Regionalfenster. Es informiert über die regionale Herkunft der eingesetzten landwirtschaftlichen Zutaten sowie über den Ort der Verarbeitung.
Weitere Regional-Label und Initiativen sind häufig von Handelsketten oder Erzeugerverbänden initiiert und dienen diesen als Marketinginstrument. Nach welchen Kriterien die Siegel vergeben werden, ist auf den ersten Blick nicht immer erkennbar. Ein Vergleich mit unterschiedlichen Siegeln gekennzeichneter Lebensmittel ist praktisch unmöglich.
Herkunftskennzeichnung in der EU: Ein Ausblick
Einer Erhebung der EU-Kommission zufolge sind weitere verpflichtende Herkunftsangaben, etwa in Bezug auf Fleisch als Zutat, Milch und Milcherzeugnisse organisatorisch aufwendig und kostenintensiv. Die EU-Kommission lehnte es daher bislang ab, neue Rechtssetzungsvorschläge zu diesem Thema auf den Weg zu bringen.
Einen neuen Vorstoß könnte es im Rahmen der „Vom Hof auf den Tisch“-Strategie der Europäischen Kommission geben. Sie ist eingebettet in den sogenannten „Green Deal“ und soll ein neues, nachhaltiges Wachstum fördern. Um Verbraucher:innen in die Lage zu versetzen‚ sich sachkundig für nachhaltige Lebensmittel zu entscheiden, erwägt die Kommission, die obligatorischen Ursprungs- oder Herkunftsangabe auf bestimmte Erzeugnisse auszuweiten. Welche Lebensmittel das betreffen wird, ist noch nicht entschieden.
Einschätzung der Verbraucherzentrale
Anfragen bei Lebensmittelklarheit zeigen, dass viele Menschen wissen wollen, woher die Lebensmittel stammen. Dass sie dies bei den meisten Produkten nicht erfahren, ist wenig verbraucherfreundlich. Die Herkunftsangabe „EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft“ hat für Konsument:innen praktisch keine Aussagekraft. Aus unserer Sicht sollten Herkunftsangaben auf jedem verpackten Lebensmittel Pflicht sein. Auch die gesetzlichen Vorgaben zu regionalen Angaben sollten verbessert werden.
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Der leichtsprachliche Text wurde übersetzt von:
Isabella von Luxburg,
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