Impotente Weihnachtsmänner? Gericht untersagt Heilversprechen durch die Hintertür
Nahrungsergänzungsmittel dürfen nicht mit krankheitsbezogenen Aussagen beworben werden. Diese und andere lebensmittelrechtliche Vorgaben können Anbieter auch nicht dadurch umgehen, indem sie die Mittel als vermeintliche Scherzartikel, beispielsweise „für Gartenzwerge“ oder „für Weihnachtsmänner“ anbieten. Das hat das Verwaltungsgericht Würzburg in zwei Beschlüssen entschieden.
„Für Weihnachtsmänner – bei Bluthochdruck und erektiler Dysfunktion“
Der Anbieter der vemeintlichen Scherzartikel vertreibt in seinem Online-Shop zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel. Für zwei dieser Mittel hatten die zuständigen Behörden im vergangenen Jahr Verkehrsverbote ausgesprochen, da die Produkte nicht den lebensmittelrechtlichen Vorgaben entsprächen: Ein Mittel war als „L-Arginin + L-Citrullin für Weihnachtsmänner“ benannt, ergänzt durch die bei Lebensmitteln verbotene krankheitsbezogene Aussage „Bei Bluthochdruck und erektiler Dysfunktion“ sowie die Hinweise „nicht zum menschlichen Verzehr geeignet“ und „Scherzartikel“.
Das zweite Produkt hieß „Vitamin-B-Komplex für Nervenfunktion, Herz & Energiestoffwechsel bei Gartenzwergen“ Auch hier stellten die Behörden deutliche Mängel bei der Kennzeichnung fest. Auf beiden Produkten war eine Verzehrsempfehlung aufgedruckt.
Das Unternehmen wehrte sich und zog gegen die Verkaufsverbote vor Gericht. Das Argument: Bei den beiden Produkten handele es sich um Scherzartikel oder „Fun-Produkte“, die explizit nicht für die Einnahme durch Menschen bestimmt seien.
Scherzartikel-Hinweis nur zum Schein aufgedruckt
Dieser Argumentation schloss sich das Gericht jedoch nicht an. Im Fall des Mittels „für Weihnachtsmänner“ war es der Auffassung, die Aufmachung ziele auf „menschlichen Konsum“ ab. Gerade die verbotene krankheitsbezogene Angabe „Bei Bluthochdruck und erektiler Dysfunktion“ spiele auf eine angebliche Wirkung des Produkts im menschlichen Körper an, so die Richter. Das Produkt werde in der Rubrik Nahrungsergänzungsmittel vertrieben und die Verzehrsempfehlung richte sich offenkundig an Menschen. Die Lebensmitteleigenschaft sei nicht zu leugnen und die gegenläufigen Hinweise nur zum Schein aufgedruckt.
Auch im Fall des Mittels für Gartenzwerge argumentierte das Gericht, allein die Bezeichnung führe nicht dazu, das Mittel als Scherzartikel statt als Lebensmittel einzustufen. Ein generell zum Verzehr bestimmter Stoff höre erst dann auf, Lebensmittel zu sein, wenn ein anderer Verwendungszweck eindeutig feststehe und erkennbar sei. Zudem sei das Produkt zum Verzehr durch Gartenzwerge objektiv vollkommen ungeeignet, somit käme allein eine Verwendung als Lebensmittel in Betracht.
In beiden Fällen entschied das Gericht, dass das sofortige Verkehrsverbot zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher aufrechterhalten wird. Die beiden Mittel dürfen daher nicht mehr in den Verkehr gebracht werden. Weihnachtsmänner und Gartenzwerge müssen nun ohne Vitaminpillen durch den Winter kommen.
Quellen:
VG Würzburg, Beschluss vom 08.10.2020, Az. W 8 S 20.137
VG Würzburg, Beschluss vom 20.10.2020, Az. W 8 S 20.1494
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Der leichtsprachliche Text wurde übersetzt von:
Isabella von Luxburg,
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