Privatmolkerei Bauer bietet „Grünkraft Bauernscheibe“ nicht länger an
Zusammenfassung
Vollständiges Recycling der Verpackung ist nicht wie versprochen möglich. Trotz „Altpapier-Look“ besteht die Verpackungsunterseite aus mehreren Schichten und lässt sich daher nicht problemlos recyceln. Eine getrennte Entsorgung von Folien und Papier setzt Bauer jedoch voraus, sowohl im Haushalt als auch in der industriellen Verwertung.
Der Hersteller bietet das Produkt inzwischen nicht mehr an.
Beschwerde
Auf der Produktverpackung wirbt der Hersteller damit, dass die Verpackung zu „100 % recycelbar“ ist. Auch wenn der Endverbraucher die Folie von der Pappe trennt und beides separat über die „gelbe Tonne/gelber Sack“ und Papier entsorgt, können die Materialien nicht zu 100 % recycelt werden.
Die Pappe ist mit Kunststoff beschichtet, der im Papierrecyclingprozess abgeschieden und anschließend verbrannt wird. Bei der Folie handelt es sich um einen Verbundkunststoff, der nicht recycelt werden kann und bei der Sortierung der Verpackungen in einer Anlage für Leichtverpackungen Abfällen zugeordnet wird, die in die Verbrennung gehen.
In jedem Fall ist die Aussage auf der Verpackung falsch, dass sie zu „100 % recycelbar“ ist.
Verbraucher aus Glienicke vom 22.07.2021
Einschätzung der Verbraucherzentrale zur ursprünglichen Verpackung
Bei dem Werbeversprechen „Verpackung 100 % recycelbar“ können Verbraucher:innen erwarten, mit der Verpackung einen positiven Beitrag für die Umwelt zu leisten. Dies sollte sich dann auch in der Praxis, also bei der Entsorgung der Verpackung im Haushalt und der industriellen Verwertung, umsetzen lassen, andernfalls ist die Werbung irreführend.
Darum geht’s:
Auf den Verpackungen der veganen Produktreihe „Grünkraft pur pflanzlich“ steht der Schriftzug „Verpackung 100 % recycelbar – 80 % weniger Plastik*“. Die Verpackung besteht aus einer transparenten Folie und einer mehrlagigen Unterseite bestehend aus Pappe und Folien. Auf beiden Seiten sind Klebeetiketten.
Auf der Rückseite folgt der Hinweis:
„Entfernte Ober- und Unterschale in den Plastikmüll, Papierschale in den Papiermüll.
80 % weniger Plastik gegenüber herkömmlichen Verpackungen aus Hartplastik.“
Um das Papier getrennt entsorgen zu können, muss dieses nicht nur von der oberen Folie, sondern auch von der fest mit dem Papier verbundenen Folie gelöst werden.
Die Bemessung der Recyclingfähigkeit bezieht sich nach der „Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister“ auf die Verpackung inklusive aller zugehöriger Komponenten wie Etiketten und Siegelfolien. Eine Bewertung anhand einer theoretischen Zerlegung ist danach nicht zulässig.
Nach Informationen der Deutschen Umwelthilfe handelt es sich bei der Folie der vorliegenden Verpackung um eine Multilayer-Folie.
Verpackungsmaterialien aus mehreren Kunststoffschichten sind derzeit nicht recyclingfähig.
Das ist geregelt:
Informationen über Lebensmittel dürfen nicht täuschen, beispielsweise über die Zusammensetzung des Lebensmittels. Das ist ein wesentlicher Grundsatz in der EU-Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV). Dies gilt auch für die Aufmachung von Lebensmitteln, unter anderem für ihre Verpackungen und die verwendeten Verpackungsmaterialien.
So sieht’s die Verbraucherzentrale:
Der „Altpapier-Look“ der Verpackungsunterseite und die Werbung zum vollständigen Recycling versprechen einen positiven Beitrag zum Umweltschutz. In der Praxis ist die vorgesehene Trennung aber unrealistisch, da Verbraucher:innen sich zunächst mit der Anleitung beschäftigen müssen und die Handhabung zudem nicht praktikabel ist: Eine Trennung wie vom Hersteller auf der Rückseite beschrieben, ist quasi nicht möglich. Was zunächst schlüssig klingt – Folie in den Plastikmüll und Papier in den Papiermüll – lässt sich in der Praxis kaum umsetzen. Der mehrschichtige Aufbau der Unterseite verhindert ein simples Trennen von Papier und Folien. Des Weiteren besteht die Folie selbst nicht nur aus einer Kunststoffsorte, sondern aus mehreren Schichten. Diese „Multilayer-Folien“ können nach Auskunft verschiedener Fachgesellschaften derzeit nicht recycelt werden. Auch die Tatsache, dass beide Seiten der Verpackung mit Klebeetiketten versehen sind, verhindert ein problemloses wieder verwerten. Somit ist die Werbung „100 % recycelbar“ aus unserer Sicht irreführend.
Fazit:
Der Hersteller sollte auf die Werbung zum vollständigen Recycling verzichten.
Stellungnahme der Privatmolkerei Bauer GmbH & Co. KG, Wasserburg am Inn; 2022
Kurzfassung:
Die Verpackung der Bauern-Scheibe wurde als 100% recycelbar ausgewiesen. Wurden alle Bestandteile getrennt entsorgt, konnten sie zu 100% dem Recycling-Kreislauf zugeführt werden. Wie auf der Verpackung angegeben war, konnten Ober- und Unterfolie abgelöst und dem Plastikmüll, die Papierschale dem Papiermüll zugeführt werden. Das Produkt wurde inzwischen wegen zu geringer Nachfrage eingestellt.
Rechtliche Durchsetzung
Die Deutsche Umwelthilfe e.V. hat die Privatmolkerei Bauer am 26.10.2021 wegen irreführender Werbung abgemahnt. Die Firma hat die Unterlassungserklärung am 10.11.2021 abgegeben.
Ergebnis
Das Produkt wird inzwischen nicht mehr angeboten.