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Mehr Schein als Sein: Früchte oder Kräuter als Alibizutaten

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Mehr Schein als Sein: Früchte oder Kräuter als Alibizutaten

Ob Superfood-Smoothie, Beerenmüsli oder Trüffelpasta: Herstellerfirmen werben gerne mit hochwertigen Zutaten für ihre Produkte. Doch Beschwerden bei Lebensmittelklarheit zeigen: In vielen Lebensmitteln steckt nur eine winzige Menge der beworbenen Früchte, Kräuter oder anderen hochwertigen Zutaten. Die Rechtslage dazu ist nicht ganz einfach.

Woran Sie Alibizutaten erkennen

Auf den ersten Blick ist oft nicht zu erkennen, dass nur wenig von der beworbenen Zutat im Produkt steckt. Ein Blick ins Kleingedruckte hilft weiter: In der Bezeichnung oder in der Zutatenliste muss die Menge der Zutaten stehen, die durch Wörter und/oder Bilder auf der Verpackung angepriesen werden. 

Es gibt aber Ausnahmen. Die Mengenangabe ist beispielsweise nicht vorgeschrieben, wenn die Zutat „in kleiner Menge zur Geschmacksgebung“ verwendet wird. Steht die Zutat im Zutatenverzeichnis weit hinten und die Mengenkennzeichnung fehlt, so liegt nahe, dass nur Minimengen im Lebensmittel enthalten sind. 

Ein weiterer Anhaltspunkt für Alibizutaten sind Aromen und Farbstoffe oder färbende Zutaten: Sie lassen vermuten, dass die beworbene Zutat als Farb- oder Geschmacksgeber nicht ausreicht und der Hersteller mit anderen Lebensmitteln oder Stoffen nachgeholfen hat. In diesen Fällen stehen preiswertere Zutaten weiter vorne im Zutatenverzeichnis, zum Beispiel Trauben statt Beeren. 

Täuschung ist rechtlich verboten

Generell darf die Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln nicht täuschen. Dies ist ein zentrales Prinzip des Lebensmittelrechts. Grundsätzliche Regelungen dazu finden sich im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFBG) und in der EU-Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV). Doch häufig lässt sich nicht einfach sagen, ob ein Etikett oder eine Werbung tatsächlich irreführend ist. Für die meisten Lebensmittel gibt es keine rechtlich verbindlichen Werte, wie viel einer Zutat im Lebensmittel enthalten sein muss, wenn Hersteller damit werben. 

Fruchtabbildungen: keine Garantie für hohen Fruchtgehalt

Für einige Lebensmittel gibt es Leitsätze, die beschreiben, wie viel Früchte oder andere Zutaten üblicherweise enthalten sind. Beispielsweise sollten Fruchtsaftgetränken aus Äpfeln oder Trauben mindestens 30 Prozent Frucht enthalten. Limonaden oder Brausen müssen hingegen keinen Fruchtsaft enthalten. Leitsätze sind rechtlich nicht bindend, werden aber bei gerichtlichen Auseinandersetzungen oft als Entscheidungshilfe herangezogen.

Die Leitsätze für Erfrischungsgetränke geben außerdem vor, dass auf der Verpackung nur dann naturgetreue Früchte aufgedruckt werden sollten, wenn das Getränk die entsprechenden Früchte tatsächlich in Form von Fruchtsaft oder Fruchtmark enthält. Für die meisten Erfrischungsgetränke gibt es aber keine Vorgaben zum Fruchtgehalt. Es kann also sein, dass ein Hersteller auf einem Erfrischungsgetränk Blaubeeren abbildet, im Getränk aber nur eine Minimenge davon steckt. 

Bei Tee ist die Regelung anders: Hier ist es laut den Leitsätzen für Tee und teeähnliche Erzeugnisse durchaus zulässig, Früchte auf aromatisierten Früchtetees abzubilden, auch wenn der Geschmack ausschließlich oder überwiegend von Aromen stammt. Es muss lediglich ein deutlicher Hinweis wie „mit …-Geschmack“ oder „mit …-Aroma“ auf dem Etikett stehen.

Für weitere Lebensmittel wie Smoothies oder Müsli gibt es gar keine Vorgaben in Form von Leitsätzen. Gerade bei Smoothies allerdings heben die Herstellerfirmen gerne spezielle Zutaten wie Chiasamen, Gojibeeren oder Macawurzeln hervor, ohne sie in nennenswerten Mengen hinzuzufügen. Das hat ein Marktcheck von Lebensmittelklarheit im Jahr 2020 gezeigt. 
 

Immer wieder beschweren sich Verbraucher:innen auf Lebensmittelklarheit über Alibizutaten in Erfrischungsgetränken, Müsli, Tee oder anderen Lebensmitteln. Zu Recht erwarten sie, dass beworbene Zutaten in wesentlicher Menge im Produkt stecken. Lebensmittelunternehmen sollten Abbildungen und Hinweise auf Zutaten vermeiden, wenn diese kaum vorkommen.

Dass bei Zutaten, die „in kleinen Mengen zur Geschmacksgebung“ zugesetzt werden, keine Mengenkennzeichnung erforderlich ist, ist aus unserer Sicht nicht verbraucherfreundlich. Die Ausnahme sollte entfallen. Es muss beim Kauf immer erkennbar sein, wie viel von einer ausgelobten Zutat vorhanden ist.

Bei aromatisierten Lebensmitteln gehört unserer Auffassung nach ein Hinweis auf den Aromazusatz auf die Schauseite.

Hinweis: Unsere Kurzmeldungen geben grundsätzlich den Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Sie werden in der Regel nicht aktualisiert.

Der leichtsprachliche Text wurde übersetzt von:
Isabella von Luxburg,
luxburg@leichtzulesen.org,
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Der Text wurde geprüft durch die Prüflesegruppe:
Menschen mit Lernschwierigkeiten Zentrum Leichte Sprache Allgäu,
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Arno N.
23.11.2022 - 14:35

Also ich finde es schon gut, wenn ich den Geschmack auf den ersten Blick erkennen kann, ohne erst das Kleingedruckte lesen zu müssen.

Christina Arlt
28.03.2022 - 13:00

Hallo, das war mir klar, dass dies gängige Praxis ist, gerade bei Fruchtsäften und Smoothies. Man muss halt als Verbraucher sein Hirn einschalten und wenn ich 100 % Apfelsaft möchte, presst man ihn am besten selbst. LG,
Christina Arlt

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